Guenter Mallmann – Fachjournalist im DJV

Der Betriebsprüfer nimmt Platz vor dem Firmen-Monitor

Per Computer erstellte steuerlich relevante Daten werden ab 2002 am Computer überprüft - Der Finanzbeamte kommt dazu ins Haus und beansprucht einen PC-Arbeitsplatz

Der in Fachkreisen heftig diskutierte Entwurf des Bundesministeriums für Finanzen vom Oktober letzten Jahres ist inzwischen mit kleinen Änderungen verabschiedet worden. Zahllose Unternehmen müssen sich nun mit einem völlig neuen Tatbestand anfreunden: Der Betriebsprüfer vom Finanzamt wird nicht mehr die Vorlage von Papierbelegen einfordern, sondern Anspruch auf einen Bildschirmarbeitspatz im Unternehmen anmelden. An diesem wird er Zugang zu den archivierten Unternehmensdaten haben wollen - inklusive der von der Software gebotenen Möglichkeiten des Zugriffs.

Damit kommen auf die Unternehmen Deutschlands auf leisen Sohlen Anforderungen zu, auf die rund 90 Prozent noch nicht vorbereitet sind: die revisionssichere Speicherung von steuerlich relevanten Daten - über den bekannt langen Zeitraum von mindestens zehn Jahren.

Die neuen Usancen erfahren zudem noch Rückenwind: Ab Anfang 2002 tritt auch das Gesetz über die Anerkennung der digitalen Unterschrift in Kraft. Damit wird der computergestützte Austausch von Dokumenten weiter zunehmen - Rechnungen in Papierform werden zur Ausnahme.

"Weg von der Belegprüfung - hin zur Auswertung von Prozessen", so etwa heißt es im Ministerium. Die Befürchtungen, dass da der Staat zu tief in die Unternehmen hinein schauen könne, schrecken da nicht. Denn die Unternehmen können, so sie denn technisch dazu in der Lage sind, die Daten "abschotten", die nicht für den Finanzbeamten bestimmt sind.

Nach Auskunft der Düsseldorfer Oberfinanzdirektion wird es zwar noch zwei, drei Jahre dauern, bis die ersten Betriebsprüfungen der neuen Art beginnen werden. Aber das heißt nicht, dass sich die Unternehmen nicht schon heute drauf einstellen müssen. Tun sie das? Steuerberater Ulrich Hoffmann, Düsseldorf, ist noch von keinem seiner Kunden auf die neue Situation angesprochen worden. Die Problematik scheint also noch wenig bewusst.

Rund 90 Prozent aller deutschen Unternehmen, vom kleinen Freiberufler bis zum Großunternehmen, wickeln inzwischen ihre Buchhaltung per Bildschirm ab. Aber: Kaum ein Zehntel dieser Zielgruppe verfügt bislang über die technischen Mittel, solche Daten auch gemäß den neuen Anforderungen revisionssicher zu speichern. Die Mikroverfilmung wird in diesem Zusammenhang nicht mehr als Archivlösung anerkannt. Die Festplatte wird es auch nicht bringen: Angesichts der immer noch steigenden Datenvolumina ist es unvorstellbar, dass unter SAP R/3, Sage KHK und ähnlichen ERP-Systemen über viele Jahre alle nötigen Unterlagen für eine Außenprüfung im direkten Zugriff vorgehalten werden können. Das würde den Speicherbedarf in groteske Höhen stemmen und die Anforderungen an das Antwort-/Zeitverhalten der Systeme völlig unakzeptabel werden lassen.

Ein Problem kommt hinzu: Wer kann heute garantieren, dass eine ERP-Anwendung in zehn oder zwölf Jahren noch mit dem heutigen Standard kompatibel ist? Wer das sicher stellen will, müsste einen Teil seiner heutigen Anwendung samt Hardware "einfrieren", um in zehn, zwölf Jahren noch auf alte Datenbestände zugreifen zu können. Das kann also nicht die Lösung sein.

Nach heutigem Stand der Technik bietet sich nur die WORM-Technik (write once read many) als Speichermedium an, das das revisionssichere Auslagern von Dateien über viele Jahre erlaubt. Das ist auch die Meinung des VOI (Verband für Organisations -und Informationssysteme), der sich schon einmal Gedanken über die zukünftigen Probleme gemacht hat.

Damit kommt die Stunde der Archivierungssysteme. Jörg Michael Pläsker, Vorstandsmitglied der Mülheimer Easy Software AG, eines der führenden Unternehmen für Archivierungssysteme, freut sich denn auch schon. "Wir rechnen damit, dass in den nächsten Monaten die kommenden Neuerungen in das Gesichtsfeld der Unternehmen rücken und wir entsprechend sehr viel zu tun haben werden!"

Dafür hat er gute Argumente. Die Archivlösung der Mülheimer ist so angelegt, dass sich mühelos eigene CD-Archive für steuerlich relevante Datenbestände anlegen lassen, in die sich fortlaufend die entsprechenden elektronisch erfassten Dokumente einsortieren lassen. Somit ist es möglich, alle anderen Daten vor dem Auge des Prüfers zu verbergen. Mit einem im System eingebundenen Suchwerkzeug können sich zudem sehr leicht die vom Gesetzgeber geforderten Querverbindungen zwischen Einzelbelegen erzeugen lassen.

Den größten Vorteil der Easy-Lösung sieht Pläsker allerdings in einem weiteren Bereich: "Die Archivierungs-Software liegt als Kopie auf einer jeden CD. Damit ist der Angst, alleine für das Finanzamt eine Systemumgebung über viele Jahre unverändert vorhalten zu müssen, der Boden entzogen!" Denn selbst in zehn oder zwölf Jahren dürften die Standards noch so sein, dass eine Anwendung dieser Art eingelesen werden kann.

© Günter Mallmann
Juni 2001